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Haarausfall und Depressionen [Beitrag #131431] :: Mi., 06 August 2008 19:42 Zum vorherigen Beitrag gehen
Liebe Gemeinde,

ich möchte hier -im Sinne der Lesefreundlichkeit möglichst kurz- meine eigene Geschichte mit dem Haarausfall niederschreiben. Zum einen, weil es vielleicht gut tut, mal alles im Kreise von Menschen loszuwerden, die die Probleme zumindest einigermassen nachvollziehen können (im Alltag hört man doch zu häufig Sachen wie "Nun stell dich nicht so an, es ist doch noch ganz ok auf deinem Kopf, und wenns weitergeht, stirbst du auch nicht daran!"), zum anderen, weil es vielleicht für den einen oder anderen interessant ist, Erfahrungsberichte anderer Betroffener zu lesen.

Kommentare eurerseits sind ausdrücklich erwünscht.


Vorgeschichte: die Depressionen
Ich bin Jahrgang 1981. Seit meiner frühesten Jugend habe ich mit Stimmungsschwankungen zu tun, die ich allerdings jahrelang auf mein damals jugendliches Alter zurückgeführt habe. Peri- und postpubertäre Stimmungsschwankungen sind ja nun wirklich nichts ungewöhnliches. Im Laufe der Jahre wurden diese zwar stärker, ich habe mich aber dennoch einigermassen erfolgreich durchs Abitur und den anschliessenden Zivildienst gebracht.
Während meiner Ausbildung wurde es dann allerdings so schlimm, dass meine damalige Freundin und einige gute Freunde eindringlich geraten haben, mir Hilfe zu suchen. Die Phasen der Freudlosigkeit, der "Lust-auf-gar-nichts", der Leere wurden immer häufiger und ausgeprägter. Was folgte, war eine zweijährige ambulante Behandlung durch einen Psychiater mittels Gesprächen und Einnahme von Antidepressiva (Mirtazapin, anfangs 15mg/Tag, später Dosiserhöhung auf 45mg/Tag, zum Schluß wieder Herabsetzung der Dosierung). In dieser Zeit habe ich mich viel mit meinem Leben auseinandersetzen müssen, vieles geändert, und Anfang 2006 war ich dann aus dem Gröbsten heraus. Noch ein paar Besuche beim Psychiater, der dann schliesslich meinte, ich könne mein Leben nun alleine meistern. So war es dann auch. Ich bezog eine eigene Wohnung, fand einen sehr guten Arbeitsplatz nach der Ausbildung, beendete eine nicht mehr funktionierende Beziehung, fand bald eine neue, glückliche. Alles war hervorragend, mit den Resten der Depression konnte ich gut und auch ohne Medikamente umgehen. Endlich freute ich mich unbeschwert des Lebens!


Der Beginn des Haarausfalls
Im März 2006 musste ich dann ins Krankenhaus wegen einer akuten Appendizitis. Nach der OP wurde mir noch tagelang ein Antibiotikum intravenös verabreicht, da mein Bauchraum massive Entzündungen aufwies. Ich habe alles gut überstanden.
Kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus fand ich mit der Zeit mehr Haare im Kamm, in der Dusche, auf dem Kopfkissen als vorher. Ich fragte meinen Hausarzt, der mir meine Vermutung bestätigte, dies seien Nachwirkungen der Narkose und des Antibiotikums. Spätestens nach ein, zwei Monaten müsse sich das wieder legen. Nun, das tat es nicht. Da sich an meinem Haarzustand trotz vermehrten Ausfalls aber nichts änderte, machte ich mir keine großen Gedanken.


Der Beginn der Behandlung
Im Sommer 2007 bildeten sich, langsam aber sicher, nun doch kleine Geheimratsecken. Ich ging erneut zum Arzt, der mich zur Dermatologin überwies. Nach mehreren Tests (Blutbild, Schilddrüse) meinte sie: ja, hier liegt eine androgenetische Alopezie vor. Na toll! Und das mir, der doch immer einen riesengroßen Wert auf seine Haarpracht gelegt hat! "Keine Sorge", meinte die Dermatologin. "Es gibt da ein gutes Medikament, das kriegen wir in den Griff". Ab Juli 2007 schluckte ich also Finasterid. Bis heute.

Die Entwicklung unter Finasterid
In den ersten drei Monaten änderte sich erwartungsgemäß nichts. Von Monat vier bis Monat acht legte sich mein Haarausfall dann, es fielen bedeutend weniger Haare aus. Der Haarzustand war auch immer noch sehr gut, so dass ich Mut fasste. Ab dem neunten Monat ging es dann aber wieder los, und zwar stärker als bisher. Das hält bis heute (bin im dreizehnten Fin-Monat) an. Meine Geheimratsecken sind etwas gewachsen, die Front dünnt sich zusehends aus- im grellen Licht schaue ich schon gar nicht mehr in den Spiegel, und wenn ich an Schaufenstern vorbeigehe, zucke ich innerlich zusammen. Da sind noch überall Haare, aber die Frontregion sieht erschreckend dünn aus. Der bisher letzte Schock dann vor ein paar Tagen: inzwischen dünnt die gesamte Scheitelregion aus.

Rückkehr der depressiven Symptome
Seit einigen Wochen bin ich nun wieder zunehmend in dem Zustand, den ich für überwunden hielt. Ich bin morgens müde, habe keine Lust auf den Tag, fühle mich oft überfordert im beruflichen Alltag, bin schneller genervt als sonst, habe weniger Freude an mich sonst begeisternden Dingen. Auch meine Freundin hat mich schon auf meine veränderte Stimmung angesprochen. Glücklicherweise kann ich mit ihr sachlich über alles sprechen.
Anders als früher ist aber: früher hatte ich keine Ahnung, woher meine Depressionen kommen. Sie waren einfach da. Heute weiss ich es: es liegt an meiner Unzufriedenheit mit meinem Haar, das fortwährend dünner wird. Das ist doch absurd! Ich mag meinen Beruf, habe eine tolle Freundin, vielseitige Interessen, ein intaktes soziales und familiäres Umfeld... hey, ich mag mein Leben! Aber der Haarausfall liegt wie eine düstere Wolke über allem und beeinträchtigt meine Stimmung massiv. Ich hänge sehr an meinen Haaren, meiner Frisur. Ein Teil meiner Persönlichkeit. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass in ein paar Jahren die Glatze oder zumindest schütteres Haar da sein könnte.


Haartransplantation und Übergangslösung
Ich dachte an eine HT, um meine Front wieder zu verdichten. In Hattingen riet man mir davon aber ab, da ich noch zu jung sei, mein Haarstatus noch ziemlich in Ordnung, und da das Risiko zu groß sei- besser noch einige Jahre warten und dann, falls nötig, operieren. Dem stimme ich so zu. Da ich die dünnen Stellen aber nicht mehr ertrage, verwende ich nun Toppik. Mit dem Ergebnis bin ich hochzufrieden. Trotzdem bleibt das ewige Gegrübel über den HA, das jedesmal ausbricht, sobald ich einige ausgefallene Haare finde. Besonders schlimm ist es nach dem Duschen, wenn wieder mal massig Haare im Handtuch sind und ich mein nasses Haar im Spiegel betrachte. Im nassen Zustand sind die dünnen Stellen noch besser zu erkennen.

Verdammt! Ich nehme Fin seit einem Jahr, nehme alle möglichen Vitamine zu mir, benutze kopfhautschonendes Pflegeshampoo. Irgendwann muss der HA doch zumindest mal ein wenig milder werden!!!


Vorläufiges Fazit
Ich kenne viele Männer mit dünnem Haar oder Glatze. Keiner von ihnen freut sich darüber. Aber niemand lässt sich davon so runterziehen wie ich. Ein Freund, Anfang 30 und Glatzenträger, schimpft sogar häufig mit mir: "In deinem Alter hatte ich schon kaum noch Haare! Und du hast noch überall welche, nur vorn ein wenig dünner. Ich wäre froh, wenn ich deine Haare hätte!!!" Ich kann ihn gut verstehen. Aber das hilft mir nicht.
Ich befürchte, dass mein nahezu neurotisch anmutender Umgang mit dem HA etwas mit meiner Neigung zu Depressionen zu tun hat. Das meint auch mein früherer Psychiater, den ich deshalb nochmal konsultierte. Da ich aber seiner Ansicht nach nicht mehr "krank" bin, könne er nichts tun. Er sei schliesslich Arzt und daher zuständig für wirklich psychisch kranke Menschen. Daher hat er mir eine Psychologin empfohlen, die auf Menschen mit kleineren und größeren Lebenskrisen (in einer solchen befände ich mich, meint er) spezialisiert ist.
Ich habe sie angerufen- sie ist bereit, mit mir eine Psychotherapie durchzuführen. Leider hat sie erst im Oktober Termine frei. Ich werde warten und es dann angehen. Wünscht mir Glück!


So werde ich weiterhin fleissig Toppik benutzen, damit mir wenigstens die Schocks beim Blick in den Spiegel erspart bleiben und ich mich im Alltag wohler fühle.
Toppik ist wirklich klasse.
Aber schon beschleicht mich die Angst, dass meine AGA so aggressiv wird, dass irgendwann auch Toppik nix mehr bringt. Meine Güte... ich bin wirklich neurotisch.

Mich macht das fertig. Rational begreife ich, dass mein Zustand noch ziemlich gut ist, und dass es abgesehen davon zigtausend schlimmere Dinge gibt als AGA. Emotional aber komme ich auf keinen grünen Zweig. Inzwischen beeinträchtigt die AGA schon meine täglichen Aktivitäten...


Dank fürs "zuhören"!


Euer Morrissey




"Problemzonen": GHE und dünne Front
"Kampfstoffe":Finasterid vom 17.07.2006 bis April 2010; HA ging unverändert weiter, daher teure Meds abgesetzt.

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