Startseite » Männer » Allgemeines zum Thema Haarausfall » Finasterid/Propecia - unter hormonellen Gesichtspunkten
Finasterid/Propecia - unter hormonellen Gesichtspunkten [Beitrag #370597] :: Fr., 05 August 2016 13:57 Zum vorherigen Beitrag gehen
Liebe Mitglieder dieses Forums,

ich bin hier zumeist einfach nur stiller Mitleser....In nunmehr über 12 Jahren (meine Güte wie die Zeit vergeht) habe ich durch die geballte Kompetenz und die angeregten Diskussionen sowie Erfahrungsberichte der Mitglieder hier profitiert.....Dafür möchte ich an dieser Stelle kurz einmal "Danke" sagen....Ich glaube es ist nicht übertrieben, wenn ich konstatiere, dass ich durch die Erfahrungsberichte mancher Mitglieder hier vor manchem Irrweg und möglicherweise auch kostenintensiven oder vllt. sogar gesundheitsgefährdenden Holzwegen abgehalten wurde....Wann immer ich in den Weiten des Internets eine angeblich vielversprechende neue Methode zur Bekämpfung des Haarausfalls entdecke ist mein erster Schritt oftmals der Blick auf Erfahrungsberichte hier im Forum....Wie gesagt, ein großes Lob an die Nutzer und vor allem auch an die Moderatoren, insbesondere Pilos, macht weiter so....Smile

Dementsprechend bin ich auf die Idee gekommen einmal den Mitgliedern dieses Forums dienlich zu sein: Aus eigener Betroffenheit habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Wirkstoff Finasterid und seinen möglichen Nebenwirkungen beschäftigt.....Im Laufe der Zeit habe ich mir somit ein relativ fundiertes Wissen über die Wirkungsweise und die hiermit verbundenen hormonellen Auswirkungen "erarbeitet".....Da hier im Forum immer wieder die gleichen Fragen gestellt und diskutiert werden, habe ich mir gedacht, ich mache mir mal die Mühe, einige wichtige hormonelle Auswirkungen zusammenzufassen......Möge es für die Unentschlossenen vllt. eine Art Entscheidungsgrundlage sein.....Denn: Nur wer die mit der Einnahme von Finasterid verbundenen Risiken kennt kann auch eine rationale und eigenverantwortliche Entscheidung treffen.....

Es ist schon lustig, der Wirkstoff wird täglich millionenfach genommen, und doch herrscht große Verwirrung über Auswirkungen, Nebenwirkungen, potenzielle Nebenwirkungen.....Studienlage und Erfahrungsberichte sind bestenfalls widersprüchlich....Ich kann hier nicht alle Themen abdecken, das würde den Rahmen einfach nur sprengen....Es soll zudem kein Anti-Finasterid-Thread werden....Ich habe diesem Medikament eine immer noch respektable Haarpracht zu verdanken, Fakt ist: Das Medikament tut was es soll, zumindest bei mir hat es den androgenetischen Haarausfall zunächst auf Null reduziert und im späteren Verlauf zumindest stark verlangsamt....Leider kamen im Laufe der Zeit eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen zusammen, im Rückblick sind diese Probleme logische Folge der hormonellen Auswirkungen.....Aber der Reihe nach......

Beginnen wir kurz mit den Fakten die uns von Herstellerseite und somit "big pharma" mitgeteilt wurden:

- Finasterid senkt DHT um ca. 68,7 % bei 1 mg Dosierung
- Das Gesamttestosteron steigt um ca. 15% an
- Östradiol steigt ebenfalls um ca. 15% an.....

"Soweit so gut" denkt man sich, meine Ärztin erklärte mir 2005 dass DHT lediglich in der Pubertät wichtig sei, im Erwachsenenalter aber ein vollkommen unnützes Abfallprodukt, auf welches man gern verzichten könne.....Für mich hörte sich die vorliegende simple Gleichung dann auch gar nicht mal so schlecht an, mit Ausnahme des Östradiols...."Aber dafür habe ich dann ja immerhin auch 15% mehr Testosteron....Das gleicht sich somit aus", dachte ich in meiner fast schon kindlichen Naivität:-)

Nun was soll ich sagen, die Gleichung ist schön simpel, aber leider ist es eben wie so oft im Leben, sie wird der Komplexität der Materie nicht einmal in den Grundzügen gerecht.....Die Gleichung würde im Zweifel eine oder mehrere Tafeln füllen und somit kommen wir zu den Problemen.....

- Finasterid hemmt das sog. 5-Alpha-Reductase Enzym (streng genommen gibt es hiervon 3 Isoformen, aber um das Ganze hier etwas einfacher zu halten obenstehendes).....
Was Merck und Co entweder bewusst verschwiegen haben oder aber vllt. mangels Wissen über die Wirkformen des Enzyms nicht mitgeteilt haben, ist dass dieses Enzym nicht nur bei der Konvertierung von Testosteron zu DHT aktiv benötigt wird, sondern gleichzeitig direkt und indirekt die Bildung von Neurosteroiden beeinflusst.....GABA, Allopregnanolone etc. pp....Die unter Finasterid oftmals auftretenden Depressionen, Angstzustände etc. = you do the math.....Festhalten kann man nur, dass die Forschung in diesem Punkt in den Kinderschuhen steckt.....Die Auswirkungen von Fin/Dut auf das Gehirn könnten harmlos sein, es könnte aber auch Unschönes insbesondere bei einer Langzeittherapie am Ende des Weges lauern.....Das ist zumindest ein Punkt, den man einmal gehört haben sollte, wenn man Finasterid in Betracht zieht....

- DHT wird also um ca. 70% gesenkt.....Ich will nicht zuviel Worte über DHT verlieren, aber ein unnützes Abspaltungsprodukt ist es unter Garantie nicht.....Es ist 3-5x potenter als seine Vorstufe Testosteron und ist in wirklich allen Bereichen des Körpers das maßgebliche Androgen, mit einer Ausnahme: den Muskeln; Ob es insofern also eine gute Idee ist, das maßgebliche Androgen um 70% zu reduzieren darf jeder für sich selber entscheiden.....

- Testosteron wird also angeblich um 15% erhöht.....Warum schreibe ich "angeblich"..... Nun, kurzfristig wird das Gesamttestosteron wirklich im Schnitt um 15% erhöht....Das zeigen viele Studien....
Und ich habe neulich erst eine Studie gesehen, die festgestellt hat, dass Probanden auch nach 4 Jahren Dauereinnahme noch einen ähnlich erhöhten Wert aufweisen.....Hierzu gibt es allerdings auch einige Gegenstudien die zu gegenteiligen Ergebnissen gelangen, und auch viele Nutzer, mich eingeschlossen, berichten über auffallend niedrige Testosteronwerte.....Wir können an dieser Stelle einmal festhalten, dass die Lage diesbezüglich uneindeutig ist....Ich werde später noch einmal kurz auf das Gesamttestosteron zurückkommen....Insbesondere mit einer möglichen Erklärung für ein Absinken des Testosteronspiegels......

Aber kommen wir nun erst einmal zu einem extrem wichtigen Punkt: Freies Testosteron!
Merck und Co haben keine Bestimmung des freien Testosterons vorgenommen, ein Schelm wer Böses denkt....ca. 98% des insgesamt vorhandenen Testosterons liegt in gebundener Form vor....Entweder ist es an das sog. "Sexualhormonbindendes Globulin" (im Folgenden SHBG) oder an Albumin gebunden.....Gebunden bedeutet in diesem Kontext es ist für den Körper nicht brauchbar, es kann nicht nutzbar gemacht werden, insbesondere nicht an die Androgenrezeptoren andocken.....Das sog. freie Testosteron ist hingegen die aktive, verwertbare Form des Testosterons und insofern der eigentlich entscheidende Wert.....Und wie wirkt sich Finasterid nun auf das freie Testosteron aus? Bingo! Es kommt zu einer signifikanten Absenkung des freien Testosterons mit den üblichen Folgeerscheinungen, ergo die gesamte Palette der Fin zugeschriebenen Nebenwirkungen.....

Ich habe im Laufe der letzten 3 Jahre mehrere Testosteronbestimmungen vornehmen lassen und was geradezu ins Auge sprang war ein gravierender Mangel an freiem Testosteron bei sehr niedrigen bis niedrig mittlerem Gesamttestosteron.....Selbst bei einem Ergebnis im mittleren Bereich hinsichtlich des Gesamttestosterons war ich unter den Grenzwert für das Freie Testosteron gefallen.....Ich hatte lange Zeit keine Erklärung für dieses kuriose Ergebnis, auch mein behandelnder Urologe/Androloge nicht.....Seine Aussage war lediglich, dass Finasterid dafür bekannt sei, insbesondere das freie Testosteron massiv zu senken......

Es hat dann auch eine ganze Weile gedauert bis ich zur Lösung gelangt bin, aber nach intensiveren Recherchen über die physiologischen Zusammenhänge machte es plötzlich Klick.....
SHBG wird von der Leber ausgeschüttet, um überschüssige Hormone zu binden ergo um sie unbrauchbar zu machen.....Dies betrifft nicht nur Testosteron sondern insbesondere auch und vor allem Östradiol.....Das war das fehlende Glied für mich gewesen......Östradiol wird unter Finasterid stark erhöht, die Leber reagiert hierauf mit einer verstärkten Ausschüttung von SHBG....Und dies führt eben nicht nur zu einer Reduzierung von Östradiol sondern eben auch zu einer verstärkten Bindung von Testosteron......

Selbst wenn die Aussagen von der dauerhaften 15%igen Erhöhung des Gesamtestosterons stimmen sollten....Ein Nutzen ist damit nicht verbunden, da im Zweifel das wirklich wichtige freie Testosteron signifikant absinkt....Um kurz ein Bild zu bemühen: Man hat mit Fin vllt. unerheblich mehr Stoff im Tank, aber dafür ist die Einspritzpumpe defekt, ergo kommt nur noch sehr wenig Benzin dort an, wo es hingehört.....Ob das ein sinnvoller Tausch ist sei mal dahingestellt......

Einige könnten jetzt auf die Idee kommen: Na dann reduziere ich einfach mittels Supplementen etc. das SHBG....Vorsicht: Damit hätte unser geliebtes Östradiol noch leichteres Spiel und dies könnte zugleich direkt in einen Gesamttestosteronmangel führen.....Somit kommen wir zu unserem letzten Punkt

- Östradiol wird also angeblich um 15% erhöht.....Warum auch hier das Wörtchen "angeblich".....Nun, weil es berechtigte Zweifel,insbesondere unter Langzeittherapie, daran gibt, dass der Wert so gering ist bzw. bleibt......Bezeichnenderweise hat Merck in seinen großen Phase III Studien die Östradiol-Werte nicht mehr bestimmt.....Irgendwie süß, oder?Wink

Aber nehmen wir einmal die bekannten 15% Östradiol als gegeben an...Ein Grund zur Beruhigung ist das meines Erachtens nicht...DHT ist in dreifacher Hinsicht der perfekte Gegenspieler zum unbeliebten Östradiol....Erstens dockt es über einen langen Zeitraum an die Androgenrezeptoren an (wesentlich länger als z.B. Testosteron) und besetzt sie somit quasi.....Zweitens kann der Teil des Testosterons welcher zu DHT konvertiert nicht mehr zu Östradiol aromatisiert werden......Drittens hemmt DHT direkt und indirekt das sog. Aromatase-Enzym und somit also die Umwandlung von Testosteron in Östradiol.....Mit einer 70%igen Hemmung fällt also ein großer Gegenspieler des Östradiols weg, unabhängig von der konkreten % -Zahl könnte es angesichts der oben genannten Wirkmechanismen zu einer darüber hinausgehenden Wirkung des Östradiols auf dem Körper kommen.....Keine positive Eigenschaft......

Zuletzt bleibt noch ein letzter Punkt an der Steigerung der Östradiollevel hochgradig problematisch.....Hypothalamus und Hypophyse regen die Testosteronproduktion via eines komplexen Rückkoppelungssystems an.....Meldet der Körper nun überschüssiges Östradiol, so löst dies in der Regel ein Herunterfahren der körpereigenen Testosteronproduktion aus....Der Grund ist relativ simpel.....Im Normalfall entsteht im männlichen Körper aufgrund der ausreichenden DHT-Level lediglich dann ein wirklicher Überschuss an Östrogenen, wenn zuviel Testosteron zirkuliert und via Aromatase in Östradiol konvertiert.....Dementsprechend reagiert der Körper auf einen Überschuss an Östradiol mit einer Senkung der körpereigenen Testo-Produktion.....Im Falle einer Finasterid-Einnahme in der Regel jedoch ein klassischer Fehlalarm.....

Die im Laufe der Jahre rauf und runter diskutierten Nebenwirkungen von Finasterid sind meines Erachtens direkte Folge des Eingriffs in den komplexen Hormonkreislauf und ergo relativ einfach zu erklären......Auch das sog. post-finasterid-Syndrom dürfte eine Kombination aus psychischer Komponente bzw. Präposition und realen physiologischen Hormonungleichgewichten sein.....

Ich hoffe ich konnte dem ein oder anderen bei seiner Entscheidung pro oder contra Fin etwas behilflich sein, über eine rege Diskussion bzw. Feedback würde ich mich freuen (auch wenn das Thema inzwischen wohl relativ ausführlich diskutiert wurde;-))
Ich habe bewusst auf das Verlinken von Studien verzichtet, bin aber bei Interesse gern bereit die entsprechenden Studien zu verlinken...

In diesem Sinne allen ein schönes WE und viele Grüße
Torch

[Aktualisiert am: Fr., 05 August 2016 14:18]


Den Beitrag einem Moderator melden

 Eine private Nachricht an diesen Benutzer verschicken  
 
 
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht icon6.gif
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Gelesene Nachricht
Vorheriges Thema: Vorstellung und Beratung
Nächstes Thema: Extremes Kopfhautjucken
Gehe zum Forum:
  


aktuelle Zeit: So. Jul 21 04:29:32 MESZ 2024

Insgesamt benötigte Zeit, um die Seite zu erzeugen: 0.00565 Sekunden
Letzte 10 Themen



Videos / Infos
Video Schuppen / seborrhoisches Ekzem



Partner Hairforlife FUE EUROPE